Einführungsrede zur Vernissage

Die Arbeiten von Eva-Lotta Fast sind selbstreferentiell, sie selbst ist ihr Bildobjekt. Das ist nicht ungewöhnlich, es gibt unzählige Künstler-Selbstbildnisse, vorzugsweise in der Malerei. Es ist „das Modell das immer da ist“ – auch so eine Künstlerausrede – das seit Mitte des neunzehnten Jahrhunderts gerne an der Kunst, an sich selbst oder schlicht am Suff leidend dargestellt wird; die häufigste Form des Selbstportraits ist aber eine andere, die des „Das malt ich nach meiner gestalt, ich war soundso viel Jahr alt“, bei der es darum geht wer man selbst ist oder sein möchte und das so virtuos wie möglich zu zeigen, angereichert durch Symbole für Wohlstand und Intellekt. Heute sind das die Fotos zu denen es heißt: “mein Haus, mein Auto, meine Frau, meine Kinder. Und genau diese Form der Selbstdarstellung stellt die Künstlerin in Frage. Wann ist man erwachsen und benötigt man dazu ein eigenes Haus, Auto, Kinder, etc.“?. Das Haus der Eva-Lotta Fast ist ein Puppenhaus – ihr eigenes - in dem sie selbst als Puppe agiert. Allerdings hat in der Scheinwelt eine Realitätsverschiebung stattgefunden: Die Puppenstube der Fotografien, die Räume mit diesen verblaßten Tapeten und dem altertümlichen Mobiliar ist die Realität: Es ist die Wohnung der Künstlerin, der nachträglich das Puppenhaus angeglichen wurde.

Die Puppe als Kunstmotiv ist bekannt: Bei Kokoschka gibt es das oder bei Hans Bellmer. Ungewöhnlich ist aber, das die Künstlerin selbst zur Puppe wird, zum passiven Bildobjekt mit dem agiert wird. Diese Umwandlung der eigenen Person ist eine Methode, die fast nur von Frauen angewandt wird, bei Männern ist das eher die Ausnahme, der einzige Künstler der mir dazu einfällt ist Jürgen Klauke.

Eva-Lotta Fast betreibt Rollenspiele und sie orientiert sich dabei an Künstlerinnen die ähnlich arbeiten: Eine Fotoserie hier ist eine Hommage an Birgit Brenner, die mit Bildern und Bildbedeutungen arbeitet, indem sie sie ironisch umarbeitet: z.B. beim Bild eines Arms mit aufgeschnittener Pulsader, bei dem man bei genaueren Hinsehen bemerkt, das Blut und Wunde nur ein roter Wollfaden sind. Eva-Lotta Fast verwendet die gleiche Methode, wenn sie in der gestellten Dramatik eines Fotoromans sich selbst eine Pistole an den Kopf hält und diese Geschichte im letzten Bild mit einem ins Bild gelegten Pappschild „Natürlich lüge ich - Peng“ auflöst; nichts ist passiert, es konnte auch nichts passieren denn ganz klein steht oben im Bild: „So sieht Glück aus“.

Die fotografischen arbeiten sind auffallend hell, beinahe überbelichtet: grelle Farben vor weißem Grund. Dieses Weiß dominiert, diese Nichtfarbe bestimmt auch ihre früheren Arbeiten. Aber die Konnotationen für die das Weiß steht werden von der Künstlerin aufgehoben. So hat sie in der Installation „Reiner Tisch“ mit Worten wie Tischgebet und Elternhaus bedruckte Tischdecken so lange mit flüssiger Seife abgeseift, bis der Eindruck von Sauberkeit durch die krustig in transparent vergilbten Schichten akkumulierte Seife ins Gegenteil verkehrt wird. Nichts ist so einfach, wie es auf den ersten Blick zu sein scheint.

(Christian Stiesch, galerie 61)