Einführungsrede zur Vernissage

Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie zur Ausstellung Johannes Jensen: Noch´n Loch. Wir haben heute ein Jubiläum, es ist unsere 50. Austellung in sechseinhalb Jahren.

Zu Johannes Jensen: Er kommt aus Hamburg und studiert seit 2004 an der Kunstakademie Düsseldorf bei Prof. Georg Herold. Dort haben wir ihn im letzten Jahr kennengelernt, während des Rundgangs, bei dem Arbeiten aus allen Klassen gezeigt werden. Seine Arbeit fiel damals auf und zwar wegen des Lärms, den sie produzierte: Man kam in den Raum hinein, hörte ein schleifend schabendes Geräusch und dann einen Schlag. In einiger Höhe war an der Wand das Modell eines Schiffsrumpfs, das vermittels einer Mechanik von der Wand wegbewegt wurde um sich dann am Scheitelpunkt dieser Bewegung zu lösen und zurück gegen die Wand zu fallen. Dieser Prozeß würde sich unweigerlich so lange wiederholen, bis das Kunstwerk sich entweder selbst zerstört, oder aber ein Loch in die Wand geschlagen hätte. Damit ist ein Merkmal der Arbeit von Johannes Jensen genannt: Er ist ein „Modellbauer“. Das scheint im übrigen eine spezifisch männliche Kunstrichtung sein - hier seien nur Panamarenko, Tom Sachs oder auch Joop van Lieshout genannt. Künstlerinnen die so etwas machen gibt es nicht. Der Modellbauer baut seine eigene, bessere oder auch schlechtere aber immer von ihm selbst beherrschte Welt, sein Weltmodell. Der Künstler als Modellbauer macht Bildvorstellungen sicht- und greifbar, das was sich Andere nur vage vorstellen. So sind die Flugmaschinen Panamarenkos die Realität gewordenen technischen Kritzeleien von Schuljungen und die monochrom weißen Depafit-Welten eines Tom Sachs eine in die schäbige amerikanische Kleinstadt versetzte gigantische Carrera-Bahn. Und so sind auch Johannes Jensens aufwendige, komplexe Konstruktionen, ein „Bastler-Traum“, doch der wird durch das für seine Arbeit charakteristische disparate, anarchische und bis zur Selbstauflösung destruktive Element in Frage gestellt.

Das disparat anarchische Element zeichnete seine Installation „Kaiserreich im Kaiserteich“ aus: Im Sommer letzten Jahres schwamm „unerlaubt“ für fünf Tage eine 25 qm große Insel mit Turm auf dem Kaiserteich direkt und unübersehbar vor dem K21 in Düsseldorf. Johannes Jensen lebte in dieser Zeit auf seiner kleinen schwimmenden Welt, der Turm war tagsüber beflaggt, nachts brannten Fackeln. Doch niemand kam auf die Idee, das hier etwas illegales stattfinden würde. Das Aufsichtspersonal des Museums vermutete, die schwimmende Kunstrasenidylle mit ihrem sechs Meter hohen spitzbedachten Aussichtsturm sei Bestandteil der im Museum gezeigten Kippenberger-Austellung und die Arbeiter des städtischen Grünflächenamtes nahmen als selbstverständlich an, das ein so großer Gegenstand der im Teich schwimmt, genehmigt sein müsse, „außerdem sei da jemand drauf der Wache schiebe, dann muß das ja in Ordnung sein“- das Ganze war ein Akt von Kommunikationsguerilla.

Bei der Arbeit „Noch´n Loch“ die hier sehen könne, ist es aber wohl wieder das destruktive Element, das Oberhand gewonnen hat, den auch hier wird eine Selbstzerstörungsmechanik im Lauf der Austellung das Kunstwerk demolieren. In der Szenerie eines dreidimensional gewordenen Computerspiels schießt ein willkürlich die Richtung wechselnder Hubschrauber mit seiner Bordkanone –so denn der künstlerische Mechanimus funktioniert – den Tempel nach und nach in Stücke - im übrigen eine interessante Analogie, denn das Urbild des Tempels, der Parthenon auf der Akropolis ist auch erst dadurch erst in seinen ruinösen Zustand versetzt worden, das 1687 eine Kanonenkugel das zum Munitionslager umfunktionierte Gebäude in die Luft sprengte.

Sie werden bemerkt haben das es auch hier In diesem überdimensionalen gameboy für das Publikum nicht ganz ungefährlich ist: Der Zuschauer wird zur Spielfigur, kommt in Bedrängnis, muß vor Querschlägern hinter Sandsäcken in Deckung gehen und kann sich nur geduckt nach hinten zu den Getränken durchschlagen. Am sichersten ist es noch – wie beim Computer – vor der Scheibe. Ansonsten gilt auch hier: Betreten auf eigene Gefahr.

(Christian Stiesch, galerie 61)