Einführungsrede zur Vernissage

Zu Beginn möchte ich ihnen kurz die Künstler vorstellen: Liu Guangyun kommt aus China, er hat in Beijing studiert und lebt in Mainz und Shanghai. Sie können seine Arbeiten an diesem Wochenende auch auf der art Karlsruhe sehen und später in Barcelona.Jang Hyuk-Dong kommt aus Südkorea, er hat dort an der Universität Andong studiert. Er lebt seit 2000 in Bielefeld und hat hier bis 2006 ein zweites Studium am Fachbereich Gestaltung absolviert, 2006 war er Preisträger der Jung-Hun Stiftung in Paris. Kwang-Sik Im, ebenfalls aus Korea, studiert nach einem Studium an der Universität Yeungnam seit 2000 an der Kunsthochschule Münster, wo er z.Z. Meisterschüler bei Prof. Kuhna ist. 2003 hat er den Lucas-Cranach-Preis der Stadt Wittenberg bekommen. Kaoli Mashio aus Japan studiert seit 2003 an der Kunsthochschule Düsseldorf bei Peter Doig. Sie war im letzten Jahr u.a. an der Ausstellung „Viele Kapitäne und das Schiff steigen auf den Berg“ in der Galerie E 105 in Bonn beteiligt, bei der drei japanische Künstler, zwei deutschen Künstlern gegenübergestellt wurden, die in Japan gelebt haben. Lee Manna kommt aus Südkorea, er hat dort an der Universität Seoul Kunst studiert und studiert seit 2006 an der Kunsthochschule in Braunschweig. Wenn sie im letzten Oktober auf der art fair in Köln gewesen sind, werden sie dort seine Arbeiten gesehen haben. Auch Hana Song kommt aus Südkorea, hat dort in Seoul studiert und studiert jetzt seit 2006 an der Kunsthochschule in Braunschweig. Parallel zur Ausstellung hier können Sie ihre Bilder auch in der Kestnerschau in der medizinischen Hochschule Hannover sehen. Von ihr ist die Banane, die sie im Eingang gesehen haben und die kleinformatigen Bilder dort. Suvat schließlich, der heute leider nicht hier sein konnte, kommt aus Thailand (wo er jetzt auch ist), er hat von 1980 bis 1986 an der Universität für angewandte Kunst in Wien studiert, wo er auch lebt. Er war bereits (vor zwei Jahren) hier in der Rampe zu sehen. Von ihm sind die Zeichnungen im DIN-A4 Format, die auf der roten Wand hängen.

Rising: Asiatische Kunst wird in Europa seit dem 19. Jahrhundert rezipiert, damals vorzugsweise ältere Kunst. Seit Beginn der 90er Jahr des zwanzigsten Jahrhunderts gibt es ein stetig zunehmendes Interesse an zeitgenössischer Kunst aus Asien. Die Präsentation und die Wahrnehmung asiatischer Kunst ist aber allgemein unpräzise und generalisierend: Van Gogh und die Impressionisten waren von japanischen Holzschnitten begeistert, aber das ist japanische Kunst und eigentlich auch nur ein Teilaspekt davon. Auch heute ist es noch immer so das einzelne Länder, einzelne Regionen, Städte oder sogar einzelne Richtungen verallgemeinernd das Bild von asiatischer Kunst prägen – Japanese experience, Shanghai modern und die Ausstellungen chinesischer Kunst seit den Neunzigern sind Beispiel dafür. Auch ich muß eingestehen, das mein Wissen über asiatische Kunst bestenfalls bruchstückhaft ist, ich kenne keine zusammenhängende Erzählung, keinen Heldenepos, wie den der Moderne.

Auch wir können nicht „die asiatische Kunst“ zeigen, wir möchten diesem Bild nur eine weitere kleine und zudem sehr subjektive Facette hinzufügen: Wie sie bei den Biographien bemerkt haben, sind es ausschließlich Künstlerinnen und Künstler die schon seit einigen Jahren im deutschsprachigen Raum leben und die – mit einer Ausnahme – auch hier studiert haben. Gibt es einen deutschen oder einen europäischen Einfluß? Das weiß ich nicht und kann es aus meinem eingeschränktem Blickwinkel auch nur vermuten. Eher lassen sich in Spuren die einzelnen Malerschulen ablesen.

Ich habe von einer subjektiven Auswahl gesprochen, denn natürlich wird die Auswahl von Künstlern durch die eigene Sichtweise beeinflußt und wer die Ausstellungen unsrer beiden Galerien kennt, wird Parallelen und Verbindungen sehen. Wie ist es überhaupt zu dieser Ausstellung gekommen? Mit einigen der Künstler planen wir schon seit Jahren Ausstellungen: Liu haben wir vor zweieinhalb Jahren bei einem Symposion in Italien kennen gelernt, Kaoli Mashio vor zwei Jahren an der Kunsthochschule in Düsseldorf. Irgendwann war es dann so, das wir einige asiatischer Künstler zusammen hatten die wir gern zeigen wollten und bei deren Arbeiten uns auffallende formale Übereinstimmungen, ähnliche Richtungen auffielen, was bemerkenswert ist, weil sie weit über Deutschland und Österreich verteilt leben und in der Regel untereinander keinen Kontakt haben. Alle gezeigten Künstlern malen figurativ-gegenständlich, dabei sind – trotz individuell sehr verschiedener Sichtweisen - gemeinsame Strömungen und Unterströmungen festzustellen. Bei Hana Song, Liu Guangyun und Suvat ist es die Kombination von Malerei mit collagierten Elementen. So bildet Hana Song z.B. die Blüten ihrer Fleischblumen aus den kombinierten Abbildungen von Fleisch aus den Werbebeilagen von Zeitungen (die im übrigen auch als „Schweinebäuche“ bezeichnet werden). Liu Guangyun zerteilt Gesichter und Körper aus Mode-und Pornomagazinen, setzt sie neu zusammen, um sie dann mit anderen Materialien kombiniert schichtweise in transparentes Polyesterharz einzubetten, bis sie, fast unkenntlich, nur noch zu ahnen sind. Suvat (Wien) verwendet die gleichen winzigen Köpfe aus Zeitungsabbildungen, die auch Bei Hana Songs Banane auftauchen; er zeichnet sie nach um mit ihnen kleine Gruppen zu bilden, die in graphitgrauen Raumkonstruktionen Szenen bilden, die an den „film noire erinnern. Diese dunklen Szenerien sind auch bei Manna Lee, Jang Huyk Dong und mitunter bei Kaoli Mashio zu finden. Manna Lee malt dunkle Nachtbilder, menschenleere Stadtansichten bei denen nur einzelne Elemente – ein Zaun, eine Hausfassade – fahl beleuchtet aus schwärzester Dunkelheit auftauchen. Bei Kaoli Mashio sind es Landschaften, die in ein unwirkliches Zwielicht getaucht oder Personengruppen, wie z.B. die Boxer, die in, in Dunkelheit verschwimmenden Räumen angeordnet sind, während Jang Huyk Dong flächenhaft Szenerien in Innenräumen anordnet (auch hier wieder mehr Raumkonstruktionen als wirkliche Räume), bei denen Menschen nur als Schatten oder Schemen auftauchen. Gemeinsam ist ihren Bildern, wie denen des in Münster lebenden Kwang-Sik Im, eine gewisse gezielte malerische Unschärfe: Umrisse und Konturen bleiben skizzenhaft brüchig, verschwimmen im Dunkeln oder überstrahlen im gleißenden Gegenlicht. Kwang-Sik Im (Münster) kombiniert dies auf seinen großformatigen Bildern mit enormer malerischer Präzision. Er malt seit Jahren mit obsessiver Besessenheit menschliche Körper. Doch während sie auf den früheren Bilder (für die er 2003 den Lucas-Cranach-Preis der Stadt Wittenberg bekam ) fast zwanghaft zusammengekauert sind, so bilden sie jetzt, kopflos und angeschnitten, Körperlandschaften vor diffus grauen Hintergründen. Solche formalen Ähnlichkeiten und Übereinstimmungen wollen wir zeigen und das ist nur in der Form einer großen Gruppenausstellung möglich, bei der möglichst viele Arbeiten der verschiedenen Künstler korrespondierend nebeneinander zu sehen sind. Deshalb ist es zur Kooperation der beiden Galerien gekommen und so können wir die Arbeiten jetzt gleichzeitig an drei Standorten, auf insgesamt 220m², zeigen.

Ich habe jetzt nur einige Aspekte der Ausstellung angerissen, alles zu sehen erfordert eine intensive Betrachtung wozu sie als Publikum jetzt aufgefordert sind. Und damit sie auch wirklich alles sehen, haben wir Speisen und Getränke auf alle drei Standorte verteilt. In der galerie 61 gibt es Bier, hier Wein und in der Breiten Straße 26 schließlich die Suppe.

P.S. Eine Anmerkung noch zum Schluß: Die Bielelder sind berüchtigt für ihre attentistisch-abwartende Haltung: die ist hier fehl am Platz. Die Arbeiten die sie heute hier sehen werden anschließend in andere Ausstellungen gehen und einige werden mit Sicherheit dort verkauft werden: Wenn sie also eine Arbeit haben wollen, dann sollten sie sie jetzt kaufen.

(Christian Stiesch, galerie 61)